Corona

Beyond Corona bei Philips: Was bleibt, was entsteht neu?

24. Juni 2020
Philips-Chef Peter Vullinghs über Innovationskraft, die Vorteile der Telemedizin und digitale Prozesse im Gesundheitssystem

So langsam belebt sich der Philips-Campus in der Hamburger Röntgenstraße wieder. Mitte März hatte das Unternehmen innerhalb nur weniger Tage auf Working@Home umgeschaltet. Nur Produktionsmitarbeiter und „Field Service Engineers“, die in Krankenhäusern und Arztpraxen medizinische Geräte installieren und reparieren, waren weiterhin vor Ort im Einsatz.

Im Interview mit Hamburg News berichtet Peter Vullinghs, Vorsitzender der Geschäftsführung der Philips GmbH sowie CEO Philips DACH und Market Leader Health Systems, von der allmählichen Rückkehr zur Normalität und den Möglichkeiten der Nach-Corona-Zeit.

Hamburg News: Lieber Herr Vullinghs, 2015 hat Philips auf dem Campus in der Hamburger Röntgenstraße mit „Work Place Innovation“ ein hochmodernes Arbeitsumfeld geschaffen. Wie sieht das Arbeiten bei Philips nach Corona aus?

Peter Vullinghs: Zunächst möchte ich zum Ausdruck bringen, dass wir die Corona-Krise noch nicht überwunden haben. Doch seit Ende Mai haben wir unsere Bürotüren in der Röntgenstraße wieder geöffnet. Die Räumlichkeiten wurden vorher für die aktuelle Situation umgestaltet. Jetzt sind wieder täglich um die 100 Leute im Office. Kapazitäten haben wir für über 200. Jeder Kollege und jede Kollegin, der/die ins Office kommt, muss sich in eine Liste eintragen. Wir beobachten die Situation sehr genau. Ich gehe davon aus, dass wir auch in den nächsten Monaten verstärkt auf das aktuelle „Arbeitsset-up“ setzen. Auch nach der Krise wird Home Office die Regel sein. Digitale Tools, zum Beispiel für Videokonferenzen, werden verstärkt genutzt und Geschäftsreisen werden noch stärker hinterfragt. Weniger Reisen bedeutet ein effizienteres Zeitmanagement, natürlich eine Kosteneinsparung und, ganz wichtig, das Schonen der Umwelt.

Peter Vullinghs, Vorsitzender der Geschäftsführung der Philips GmbH sowie CEO Philips DACH und Market Leader Health Systems

Hamburg News: COVID-19 könnte uns einen digitalen Schub bescheren, glauben Experten. Beflügelt die Pandemie auch die Entwicklung neuer (Medizin)-Produkte bei Philips?

Peter Vullinghs: Die Pandemie hat uns angetrieben, als Unternehmen, aber auch gemeinsam mit Partnern, Ressourcen schnell und effektiv für ein großes Ziel zu bündeln. So ist es uns in kürzester Zeit gelungen, unsere Produktion wichtiger medizinischer Geräte – wie zum Beispiel in der klinischen Beatmung – zu verdoppeln und eine Steigerung um das Vierfache bis zum dritten Quartal anstreben zu können. Darauf bin ich sehr stolz. Und wir konnten unsere Innovationskraft in der Krise für unsere Produkte und Lösungen einsetzen, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Bei einigen Geräten konnte vor allem die Einführung beschleunigt werden – ich denke da etwa an die vor kurzem erteilte Zulassung der US-Behörde FDA für unsere neuen akuten Patientenmonitore zur Überwachung der Vitalparameter von COVID-19-Patienten.

Philips Patientenmonitore

Hamburg News: Eine Erfahrung von COVID-19 ist das gestiegene Interesse an Videosprechstunden. Ebnet das den Weg zur Telemedizin?

Peter Vullinghs: In Zeiten, in denen Ansteckungsrisiken durch physische Distanz reduziert werden sollten, war die digitale Vernetzung von Patienten und Fachkräften über Telemedizin ein entscheidender Aspekt der Gesundheitsversorgung. Gleichzeitig haben die telemedizinischen Lösungen gerade in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie selbst einen großen Nutzen aufgezeigt. Der Mehrwert schnell verfügbarer digitaler Daten wurde deutlich. Durch eine wohnortnahe Versorgung von Patienten bei gleichbleibend hoher Behandlungsqualität konnte eine deutlich bessere Steuerung von Intensivpatienten gewährleistet werden. Und im Rahmen eines standort- und sektorenübergreifenden Datenaustauschs unterstützten Fachkräfte einander – etwa durch zugeschaltete Ultraschallexperten bei kurzfristigen, intensivmedizinischen Ultraschalluntersuchungen – und konnten so gemeinsam Therapien von Patienten festlegen und optimieren.

Hamburg News: Sie sind von den Vorteilen der Telemedizin also überzeugt?

Peter Vullinghs: Die Vorteile eines solchen direkten und ortsunabhängigen Austauschs liegen auf der Hand und werden Telemedizin auch in Zukunft zu einem wesentlichen Faktor bei der Digitalisierung unseres Gesundheitswesens machen. Natürlich treiben wir bei Philips diese Entwicklung gerne mit voran. Unsere Kundenanfragen im Bereich Teleintensivmedizin haben sich bereits vervierfacht. Wir unterstützen die Krankenhäuser mit unseren IT-Lösungen für Radiologie, Kardiologie und Intensivmedizin, aber auch mit Lösungen zur Vernetzung von Leistungserbringern und Patienten.

Hamburg News: Werden wir nun eine stärkere Digitalisierung in Gesundheitswesen erleben? Und falls ja, wo sehen Sie die größten Chancen?

Peter Vullinghs: Ich bin davon überzeugt, dass digitale Prozesse unser Gesundheitssystem nachhaltig verbessern werden. Den größten Nutzen einer stärkeren Digitalisierung des Gesundheitswesens sehe ich vor allem im Austausch von Informationen und einem interdisziplinären und sektorenübergreifenden Arbeiten. Auch das Patientenmanagement wird ein immer wichtigerer Bereich, bei dem digitale Plattformen den Patienten direkter mit Praxen und Krankenhäusern verbinden und so den Behandlungspfad von der Terminvergabe über Vorbereitungen bis hin zu Online-Sprechstunden erleichtern.

Hamburg News: Lieber Herr Vullinghs, wir danken Ihnen für das Gespräch.
ys/kk 

Das Interview führte Yvonne Scheller

 

Quellen und weitere Informationen

Royal Philips mit Hauptsitz in den Niederlanden ist ein führender Anbieter im Bereich der Gesundheitstechnologie, speziell in diagnostischer Bildgebung, bildgestützter Therapie, Patientenmonitoring und Gesundheits-IT sowie bei Gesundheitsprodukten für Verbraucher und in der häuslichen Pflege. Philips beschäftigt etwa 80.000 Mitarbeiter in mehr als 100 Ländern und erzielte 2019 einen Umsatz von 19,5 Milliarden Euro. Sitz der Philips GmbH Market DACH ist Hamburg.

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