Wirtschaft

HWWI: Frischer Wind für Hamburgs Wirtschaft

2. August 2022
Professor Michael Berlemann, neuer Wissenschaftlicher Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts, im Gespräch mit den Hamburg News

Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf Norddeutschland? Wie werden sich Migrationsströme in Zukunft entwickeln und was bedeutet das für Hamburger Integrationsbemühungen? Und natürlich: Wie wirken sich Krieg und Inflation auf die heimische Wirtschaft aus? Diesen und vielen anderen Fragen gehen die Forscher:innen des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) auf Basis moderner statistisch-ökonometrischer Verfahren nach. Dem aktuell 15-köpfigen Forschungsteam steht seit März eine Doppelspitze vor. Im Frühling übernahm Prof. Michael Berlemann den Posten als Wissenschaftlicher Direktor an der Seite von Dr. Dirck Süß, der bereits seit Mai 2021 Geschäftsführer des HWWI ist. Gemeinsam planen sie die strategische Neuaufstellung der Wirtschaftsforschungseinrichtung. 2005 gegründet, ist das HWWI ein unabhängiges, privatwirtschaftlich finanziertes Forschungsinstitut, mit der Handelskammer Hamburg als alleinigem Gesellschafter. Die Hamburg News sprachen mit Professor Berlemann über die Neuausrichtung.

HWWI: vier Schwerpunkte im Fokus

Neuer akademischer Kooperationspartner ist die Helmut-Schmidt-Universität (HSU) – Michael Berlemann ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der HSU. Sein fachliches Know-how reicht von Konjunktur & Wachstum über Monetäre Ökonomik & Finanzmärkte, Geo-Ökonomik oder Migration bis zur Mittelstandsforschung. Diese breite wissenschaftliche Aufstellung bildet die ideale Basis für die vier Schwerpunkte, auf die sich die Forscher:innen des HWWI in Zukunft vor allem konzentrieren wollen: Konjunktur & Wachstum, Migration & Integration, Räumliche Ökonomik sowie Umwelt & Klima. Speziell mit der Erforschung der ökonomischen Konsequenzen des Klimawandels hat sich Berlemann in den letzten Jahren intensiv beschäftigt, ein Feld, das mit dem zweiten Themenschwerpunkt, der Migration & Integration, eng verzahnt ist. Denn Klimawandel und Naturkatastrophen gelten als wesentliche Ursachen für Fluchtbewegungen.

Prof. Michael Berlemann, Wissenschaftlicher Direktor des HWWI

Wirtschaftspolitische Empfehlungen für Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit

Hamburg sieht der Professor dabei traditionell gut aufgestellt. Dem Image ‚Tor zur Welt‘ werde die Stadt gerecht: „Hamburg ist eine weltoffene Stadt, die weitreichende Erfahrungen mit Migration und den damit verbundenen Herausforderungen hat. Heute sehen wir eine multikulturelle Gesellschaft, die in vielen Bereichen die Integration gemeistert hat.“ Wichtig sei jedoch, das Thema Migration auch weiterhin aktiv zu begleiten – am besten auf Basis einer fundierten Datenlage. „Am HWWI erforschen wir die verschiedenen Aspekte von Migrationsströmen: Ihre Größe, ihre Ursachen und die Folgen für unsere Wirtschaft.“ Berlemann setzt bei seiner Forschung auf empirische Methoden aus der Mikro- und der Makroökonometrie mit Querschnitts-, Zeitreihen- und Paneldatensätzen. „Dabei arbeite ich besonders mit kleinräumigen, oft geo-referenzierten Daten. Ergänzend kommen auch die Methoden der experimentellen Wirtschaftsforschung zur Anwendung.“ Aus den so gewonnenen Erkenntnissen entstehen im HWWI konkrete wirtschaftspolitische Empfehlungen mit dem Ziel, dabei zu helfen, Fragen aus Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit lösen. Im Zuge der Kooperation mit der HSU soll sich die Zahl der Mitarbeiter:innen der Wirtschaftsforschungseinrichtung mehr als verdoppeln und Berlemann hofft, schon im kommenden Jahr eine eigene Konjunkturprognose für Norddeutschland bieten zu können.

Wichtiges Ziel: Unabhängige Energieversorgung 

Zu den klassischen Aufgaben eines Wirtschaftsforschungsinstituts zählt eigentlich auch das frühzeitige Identifizieren wichtiger Entwicklungen und Trends. Seit drei Jahren sei die Wirtschaftsforschung jedoch eher von den unerwarteten Entwicklungen getrieben, weiß Berlemann. „Die ersten zwei Jahre haben uns die Auswirkungen der Pandemie beschäftigt, nun kommt der Krieg in der Ukraine dazu und die Frage, wie wir von russischen Rohstofflieferungen unabhängig werden können.“ Das Hamburger Engagement im Bereich der Wasserstoffforschung hält der Experte denn auch für sehr sinnvoll. „Wir sollten so schnell wie möglich aus fossilen Energien aussteigen – Wie wertvoll energetische Unabhängigkeit ist, hat uns die Krise gerade vor Augen geführt.“

Wasserstoffstation in der HafenCity

Den Hafen wettbewerbsfähig aufstellen

Generell hätten die jüngsten Krisen den hohen Grad globaler wirtschaftlicher Vernetzung aufgezeigt. „Deutschland ist ein exportorientiertes Land und ein erheblicher Teil der Güter wird über den Hamburger Hafen abgewickelt. Darum ist es wichtig, den Hafen wettbewerbsfähig aufzustellen. Und dazu sind kluge Lösungen in Bezug auf die technische Ausrichtung sowie der Entwicklung des Hinterlandverkehrs gefragt“, so Berlemann. Wobei Hamburg sich nicht nur auf den Hafen konzentrieren dürfe. Gefragt sei ein kluger Mix aus traditioneller Wirtschaft und der Unterstützung neuer Bereiche, die vielleicht im Startup-Umfeld entstehen. „Es geht darum, Bewährtes weiterzuentwickeln, dabei aber etwaige Grenzen frühzeitig zu erkennen und parallel ein tragfähiges Zukunftsportfolio aufzubauen.“ Das HWWI stehe bereit, um durch fundierte wissenschaftliche Forschung Lösungsansätze aufzuzeigen.
ys/sb

Containerschiff im Hamburger Hafen

Quellen und weitere Informationen

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