Nachhaltigkeit

Green Events: Fördert Corona ein Umdenken der Eventbranche?

14. Oktober 2020
Die Veranstaltungsbranche ist durch die Pandemie besonders gebeutelt – und sucht nun nach neuen Konzepten

Nur eine nicht stattfindende Veranstaltung ist gut für die Umwelt. Doch das ist für Helen Schepers von Green Events Hamburg (GEHH) keine Option. Zumal es der Umweltwissenschaftlerin um mehr geht: Sie setzt sich für Nachhaltigkeit ein. „Und das ist ein komplexes Thema, in das neben Umweltschutz auch soziale Aspekte hineinspielen. Veranstaltungen sind soziale Treffpunkte, die gemeinschaftsprägend wirken. Da heißt es dann etwa, 'Ich bin nächste Woche bei XY – sehen wir uns da? Das ist doch genau dein Thema'.“ Auch das Einbeziehen der Anwohner bei der Planung einer Veranstaltung diene dem sozialen Miteinander, ebenso wie das Thema Barrierefreiheit, um niemanden von der Teilnahme auszuschließen. „Dazu müssen nicht einmal überall Rampen gebaut werden“, betont Schepers. Wichtig sei vor allem Kommunikation und Transparenz: Wo sind barrierefreie Eingänge und Toiletten, wo drohen Stufen. „Nicht jede Stufe ist unüberwindbar. Aber zu wissen, wo welche zu überwinden sind, das hilft!“

Pilotphase verlängert

Green Events Hamburg hilft durch Beratung und das seit 2019 auch im Auftrag der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft. „Unsere Vision ist es, dass alle Veranstaltungen, die im öffentlichen Raum stattfinden, auch gut für den öffentlichen Raum sind.“ Dazu hat Green Events Hamburg einen Leitfaden für nachhaltige Veranstaltungen entwickelt. „In diesem Jahr sollte eine Pilotphase mit 23 Veranstaltern starten, die unseren Leitfaden in der Praxis getestet und aus dem heraus wir ein Punktesystem für die Vergabe von Veranstaltungen im öffentlichen Raum erarbeitet hätten.“ Doch dann kam Corona und die meisten Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Die Pilotphase hat Green Events Hamburg nun bis 2021 verlängert.

Helen Schepers von Green Events Hamburg

Flexibel auf die Krise reagieren

Tatsächlich verzeichnet Hamburgs Veranstaltungsbranche dramatische Umsatzeinbußen durch die Pandemie. Laut einer Blitzumfrage der Handelskammer Hamburg verzeichnen mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen in diesem Jahr einen Umsatzrückgang von 100 Prozent. Weitere 42,5 Prozent gaben an, in diesem Jahr höchstens ein Viertel ihrer Vorjahreserlöse erwirtschaftet zu haben. Betroffen sind dabei nicht nur die Veranstalter selbst, betont Schepers. „Vor Corona war vielen gar nicht bewusst, wie viele Gewerke eine Veranstaltung überhaupt erst ermöglichen. Gesehen werden vor allem die Akteure auf der Bühne, nicht die dahinter.“ Green Events Hamburg versucht auch hier Lösungen den Weg zu ebnen. „Im gemeinsamen Diskurs erörtern wir, wie wir mit unserer Beratung flexibel auf die Krise reagieren und unterstützen können.“

Umdenken ist nötig

Immerhin lasse sich Corona ein Stück weit auch als Chance nutzen, so Schepers. „Eine Nachhaltigkeits-Theorie besagt, es braucht einen Schock, um ein Thema ins Handeln zu führen. Den Schockmoment hatten wir nun und tatsächlich haben viele ihn genutzt, um die eigenen Strukturen zu überdenken.“ So müsse Green Events Hamburg bei ihrer Beratung selten bei Null anfangen. „Vielen Veranstaltern ist es durchaus ein Bedürfnis, etwas zu ändern und oft gibt es bereits erste Ideen. Also schauen wir, was wurde schon getan und gehen dann Schritt für Schritt weiter.“ Die Ansätze reichen von Abfall- und Energiekonzepten bis zu konkreten Einzelmaßnahmen, wie Spülmobilen oder der FahrradGarderobe – diesen mobilen Fahrradparkplatz speziell für Veranstaltungen, der wie eine Jackengarderobe funktioniert, hat Schepers übrigens mitbegründet. Auch ein Umdenken bei den allzu oft plastikhaltigen Give-Aways, gehört zu den GEHH-Vorschlägen. „Wie wäre es stattdessen mit einem Konfetti aus Wildblumensamen? Einfach in die Luft werfen und nach einiger Zeit entsteht ein kleiner Blütenteppich.“

FUTUR 2 FESTIVAL, eine energieautark konzipierte Veranstaltung

Einfach anfangen

Schepers ist überzeugt, Umdenken ist gar nicht so schwer. „Wenn wir etwas aus Corona gelernt haben, dann dass wir tatsächlich vieles ändern können.“ Zudem habe sich ganz natürlich eine größere Fehlertoleranz entwickelt. Denn wenn im Homeoffice oder bei Videokonferenzen nicht immer alles gleich geklappt habe, sei das nicht als dramatisch empfunden worden. Schließlich befand sich plötzlich jeder in einer Experimentierphase. „So ist es auch bei Veranstaltungen, die müssen nicht auf Anhieb CO²-neutral sein. Auch an nachhaltige Veranstaltungen können wir uns herantesten – und auf dem Weg dahin möglichst noch zukunftsfähiger, resilienter und flexibler werden.“
ys/kk

Quellen und weitere Informationen

Green Events Hamburg

Green Events Hamburg ist ein Projekt des gemeinnützigen Grünen Wirtschaftsrats e.V., der sich für nachhaltiges Unternehmertum, nachhaltige Events und Nachhaltigkeitsmanagement von Events in Hamburg einsetzt. Als offenes, partizipatives und zukunftsorientiertes Netzwerk besteht Green Events Hamburg aus einem ehrenamtlicher Orgakreis (Helen Schepers, Lena Hansen, Björn Hansen und Thore Debor) und der hauptamtlichen Anna Kliemann, die durch ein Netzwerk aus Freund*innen und Kompliz*innen unterstützt wird und mit über 100 Akteuren aus der Veranstaltungsbranche und Verwaltung zusammenarbeitet.

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