Digitalisierung

Hamburg soll international bekannter Blockchain-Standort werden

30. Januar 2019
Experte Fabian Friedrich hat den ersten Blockchain-Hub der Hansestadt ins Leben gerufen. Im Interview verrät er seine Vision

Es gibt wahrscheinlich kaum ein Thema, über das die deutsche Wirtschaft seit Monaten so leidenschaftlich diskutiert, wie über die Blockchain. Doch die Mehrheit der deutschen Unternehmen sieht in der Technologie großes Potenzial, zeigt eine aktuelle Studie des Digitalverbands Bitkom. So hält gar jedes dritte Großunternehmen die Blockchain-Technologie für so revolutionär wie die Erfindung des Internets. Auch Fabian Friedrich, gebürtiger Hamburger und Initiator der Blockchance Conference und des Blockchance Campus, ist von der disruptiven Macht der Blockchain überzeugt. Im Interview mit den Hamburg News spricht er über seine Vision, das Geschäftsmodell der Zukunft und wie er die weltweite Blockchain-Szene nach Hamburg locken will.

Hamburg News: Du hast bereits ein Hip-Hop-Label, eine Marketing-Agentur und ein veganes Catering gegründet. Wie bist du auf das Thema Blockchain gekommen?

Blockchain-Experte Fabian Friedrich  

Fabian Friedrich: Nach der Schule habe ich Informatik studiert und mein Interesse zur Computerwissenschaft bis heute nie verloren. Als ich 2012 das erste Mal von Bitcoins und der Blockchain hörte, war ich schnell begeistert, da mir klar wurde, was für eine bahnbrechende Technologie da auf uns zukommt. Ein Jahr später eröffnete ich den ersten veganen Weihnachtsmarkt und kurz darauf die ersten zwei veganen Restaurants in Hamburg, die Bitcoins akzeptierten. Hier habe ich die Technologie ausprobiert und versucht, sie den Menschen näherzubringen. Von Anfang an überzeugte mich die Idee von demokratischem Geld und die Vision des sozioökonomischen und institutionellen Wandels, der damit einhergeht. 

Hamburg News: Wer Blockchain hört, denkt vermutlich zuerst an Kryptowährungen. In welchen Bereichen ist der Einsatz des Blockchain-Prinzips noch denkbar?

Fabian: Die Blockchain- bzw. Distributed-Ledger-Technologie (zu dt. ‚verteiltes Kontobuch‘) ist eine Meta-Technologie, die in sehr vielen Bereichen zum Einsatz kommen wird. Vor allem auch in anderen digitalen Innovationen, wie VR, Internet of Things (IoT) und AR wird die Blockchain ein fester Bestandteil zukünftiger Lösungen werden. Die einzigen Blockchain-Anwendungen, die heute schon global Anwendung finden, sind dezentrale Kryptowährungen, von denen es mittlerweile weltweit mehr als 4.000 gibt. Eine Welle komplexerer Blockchain-Anwendungen in unterschiedlichsten Bereichen steht allerdings bereits in den Startlöchern: So forschen z. B. die Hamburger Hochbahn und die Deutsche Bahn daran, ihre Fahrpläne per Blockchain zu optimieren.

Hamburg News: Du stellst die Blockchain-Technologie gern auf eine Ebene mit der Erfindung des Buchdrucks oder des Flugzeugs. Worin siehst du die Chancen der Blockchain-Technologie?

Fabian: Die Blockchain-Technologie ermöglicht es, Informationen und Datenbanken über alle Grenzen hinweg direkt zu teilen. Dies funktioniert ohne zentrale Instanzen, wie Verwaltungen, Banken, Treuhänder oder Notare. Das ist dadurch möglich, dass man sich auf die gemeinschaftliche Nutzung öffentlich einsehbarer und unveränderlicher Algorithmen und dezentral verteilter, synchronisierter Datenbanken einigt. So wird ein sicherer, direkter und unabhängiger Datenaustausch und -abgleich weltweit ermöglicht. Ob es hier um Geldtransfers, Kommunikation, Eigentumsüberschreibungen, Austausch einzelner Aspekte digitaler Identitäten oder Maschinen-zu-Maschinen-Kommunikation im IoT geht, spielt keine Rolle. Die Menschen brauchen in Zukunft keine Banken mehr, um Handel zu treiben, keine Notariate mehr, um Vermögen zu überschreiben und kein Facebook mehr, um Freunde zu finden. Das Geschäftsmodell der Zukunft setzt auf Kooperation anstatt auf Konkurrenz. Durch die Dezentralisierung wird mehr Verantwortung auf das Individuum übertragen und Gleichwertigkeit gefördert.

Hamburg News: Welches Potenzial bietet die Blockchain-Technologie insbesondere für Hamburg?

Fabian: Hamburg ist ein bedeutender europäischer Wirtschafts-, Wissenschafts-, Forschungs- und Bildungsstandort mit mehreren Universitäten und nationalen sowie internationalen Institutionen und gilt schon seit Zeiten der Hanse als weltoffen und bestens vernetzt. Durch die starke Vertretung von Firmen aus den Branchen Logistik, Handel, Medien, Luft- und Seefahrt, für die die Themen Blockchain und Distributed-Ledger-Technologien in Zukunft an Relevanz gewinnen werden, hat Hamburg eine hervorragende Wirtschaftslage und das Potenzial, in diesen Bereichen an die Weltspitze aufzuschließen und es mit globalen Blockchain-Branchen-Zentren wie London, Dubai, Shanghai, New York, Zug (Schweiz) und Berlin aufzunehmen.

Hamburg News: Du hast 2018 mit der Blockchance Conference in Hamburg Premiere gefeiert. Sie gilt als bislang größtes Branchenevent in Norddeutschland. Was hast du gelernt?

Fabian: Die Blockchance Conference Hamburg 2018 war mit mehr als 350 Teilnehmern aus mehr als 20 Ländern, 35 Referenten und zahlreichen Ausstellern ein großer Erfolg. Auf dem Podium kamen Persönlichkeiten, wie Dr. Sebastian Saxe, der CDO unserer Wirtschaftsbehörde, sowie Schlüsselakteure der internationalen Blockchain-Szene, wie Prof. Dr. Dr. Stefan Brunnhuber, Berater der Europäischen Kommission und der Vereinten Nationen und Mitglied des Club of Rome sowie Brandon Samitera, CEO bei Skycoin und früher Bitcoin-Entwickler, zu Wort.

Hamburg News: Dein größtes Projekt ist momentan der Blockchance Campus, der im August 2019 im Fintech-Hub Finhaven in der HafenCity eröffnet werden soll. Was ist deine Vision?

Fabian: Das Soft Opening des Blockchance Campus fand bereits mit meinem Einzug in den kürzlich eröffneten Fintech-Hub Finhaven statt. Im Zuge der Blockchance Conference 2019 werden wir das Grand Opening am 12. August zelebrieren. Dann bekommt der Campus ein eigenes Stockwerk mit Elbblick. Meine Vision ist es, Hamburg als Blockchain-Standort an Europas Spitze zu bringen und weltweit bekannt zu machen. Hier können Branchen-Synergieeffekte genutzt, Startups und Firmenzuwanderungen gefördert und die Vernetzung mit anderem Blockchain-Hubs forciert werden. Kernaufgaben sind die Schaffung eines Coworking-Space, Wissensvermittlung, Bildung, Öffentlichkeitsarbeit, politische Mitgestaltung und kultureller Austausch.

Hamburg News: Darüber hinaus hast du das Hanseatic Blockchain Institute ins Leben gerufen. Was willst du damit erreichen?

Fabian: In der Tat haben wir Mitte Januar 2019 den Hanseatic Blockchain Institute e. V. mit 15 Mitgliedern gegründet. Und ich freue mich, für die nächsten drei Jahre, zusammen mit Marleen Kerscher, Moritz Schildt und Moritz Stumpf, in den Vorstand gewählt worden zu sein. Im Gegensatz zum Blockchain Campus, der die Szene physisch zusammenbringt, bringt das Hanseatic Blockchain Institute die Blockchain-Szene institutionell zusammen und wird seine Wirkkraft auch weit über Hamburgs Grenzen hinaus entfalten. Somit können wir noch besser die Belange der unterschiedlichen Interessengruppen rund um die Zukunftstechnologie Blockchain zusammenführen und vertreten.

Hamburg News: Welche Events kannst du Hamburger Blockchain-Neulingen und -Experten empfehlen?

Fabian: Jeden Monat finden die Blockchain Mania Meetups statt, dort trifft sich die Szene. Ansonsten kann ich natürlich die Blockchance Conference am 16. und 17. August 2019, die dieses Jahr in der Handelskammer Hamburg stattfinden wird, wärmstens empfehlen. Wir rechnen mit über 40 internationalen Sprechern, 30 Ausstellern und 750 Gästen und möchten mit dieser Konferenz die weltweite Blockchain-Szene nach Hamburg einladen. In den nächsten Wochen wird zudem das Meetup-Programm des Hanseatic Blockchance Institute online gehen. Es soll regelmäßige Events zu unterschiedlichsten Teilaspekten der Blockchain-Technologie sowohl für Anfänger, Fortgeschrittene und für Experten geben.

Hamburg News: Vielen Dank für das Interview, Fabian!

Das Gespräch führte Sarah Bischoff

Quellen und weitere Informationen

Was ist eine Blockchain?

Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden – daher auch der Begriff ‚Blockchain‘. Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks. Dies soll die Technologie vor Manipulation schützen.

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